Dienstag, 31. Mai 2022

5. Tag 29. Mai 2022 Öhler Schutzhaus - Fischerhütte

Der Hüttenwirt hatte uns gestern Abend gemahnt, früh loszugehen, da das Wetter ab dem späten Vormittag umschlagen soll. So sitzen Heinrich und ich um halb 8 beim Frühstück und starten dann kurz nacheinander Richtung Schneeberg. Ich möchte hinauf, er geht am Gipfelaufstieg vorbei direkt zum Weichtalhaus. Einige Male werde ich ihn noch vor mir sehen, jedoch nicht mehr einholen; gemeinsames Gehen kam für ihn leider irgendwie nicht in Betracht. Das Wetter ist ein wenig verhangen, blaue Stellen gibt es keine am Himmel, und der Wind hat ein wenig nachgelassen.
Der Wanderweg verläuft unter Hängen von Öhler und Schober hindurch, passiert eine große Almfläche und führt anschließend zum Sattel der Marmauwiese. Hier befindet sich eines der traditionellen Unterkunftshäuser des 01ers, jedoch steht es zur Zeit leer.
An einem Abzweig treffe ich auch wieder auf einen Pilgerweg: Der kreuzende Burgenländische Mariazellerweg führt direkt unterhalb des Schneebergs vorbei. Perfekte Infrastruktur: Bis auf Vorarlberg und Tirol führen aus allen Bundesländern Österreichs ausgewiesene Pilgewege nach Mariazell.
Zur Edelweißhütte ist noch ein bewaldeter Steilaufschwung zu erklimmen, dann liegt die Almfläche der Putzwiese vor mir. Hier liegen einige Wirtschaften wie die Edelweißhütte, und obendrüber thront majestätisch die schroffe Ostflanke des Schneebergs. Dessen Gipfel ist noch frei, ein gutes Wetterzeichen angesichts des inzwischen eher grauen Himmels.
Die Aussicht von hier ist wieder einmal beeindruckend, in der Ferne der Ebene ist der Neusiedler See zu sehen, der Horizont dahinter liegt in Ungarn.
Ich lasse die Hütte links liegen um Zeit zu sparen und muss mich entscheiden: Der kürzere Fadensteig, der "Nur für Geübte" steil und versichert zum Gipfel hinaufführt, oder den zahmeren aber über eine Stunde längeren Steig von Norden her hinauf. Angesichts des Wetters ist die Antwort klar, ich nehme die längere Variante auf den Schneeberg. 
Eine Viertelstunde später fängt es dann auch an zu tröpfeln; das ignoriere ich jedoch zunächst noch. Auf einer langgezogenen Forststraßenpassage steil in einen Felsenkessel hinein wird der Regen dann aber so arg, dass ich erstmals auf dieser Tour den Poncho herausholen muss. 
Ich folge der Forststraße bis in eine Art Sattel hinein, in dem der Steig zum Schneeberg-Gipfel und zur Fischerhütte abzweigt. Zunächst leitet er mäßig ansteigend bergauf, dann mit immer stärkerer Steigung zwischen eng stehenden Latschen. Hier traue ich meinen Augen nicht: Es sind tatsächlich Schneeflocken, die sich zwischen die Regentropfen gemischt haben; zunächst einige wenige, dann werden es kontinuierlich mehr, je höher ich komme. Dabei ist es gar nicht kalt, so dass zunächst kein Schnee liegen bleibt. 
Oberhalb der Latschenzone erreiche ich die Wolken, und die Sicht wird immer schlechter. Hier sind Metallstangen in dichter Folge entlang des Weges angebracht, die die Orientierung wesentlich erleichtern. Mit GPS-Einsatz stelle ich immer wieder die Höhe fest und verifiziere die Position, denn ganz oben herrscht Nebel; ohne das GPS hätte ich umkehren müssen.
Dann stehe ich um 20 nach 2 vor dem dunklen Schatten der Fischerhütte.
Drinnen begrüße ich den Hüttenwirt und seinen Helfer mit den Worten: "Ich bin Euer Übernachtungsgast." Es wird tatsächlich niemand mehr kommen, so kann der Hüttenwirt zu seiner Familie ins Tal fahren.
Vor der Hütte bleibt der Schnee nun liegen und sammelt sich im Nebel winterlich-pittoresk auf den Tischen und Bänken. Leider wird es so nichts mit dem tollen Ausblick von diesem Eckpunkt der Alpen, immerhin ist der Schneeberg der östlichste und nördlichste Zweitausender der Alpen. Lediglich zwei balgende Schneehasen sind kurz zu sehen, als der Blick kurzzeitig 100 Meter Sicht freigibt.
Der restliche Nachmittag ist geprägt von einer gemütlichen Runde vor dem Kachelofen am "Stamm- und Personaltisch". 
Draußen macht Frau Holle derweil Überstunden und lacht über den Wetterbericht von vor drei Tagen, der  eine Hitzeperiode angekündigt hatte...

Glück des Tages: Meine Ausrüstung passt und hat mich die widrigen Verhältnisse beim Aufstieg problemlos bewältigen lassen.

Gelaufen:  16,2 Kilometer 
Bergauf: 1.365 Hm
Bergab: 336 Hm
Höchster Punkt: Fischerhütte (2.049m)
Übergänge: Keine 
Gipfel: Keine

Ausrüstung

" Ihm gehörten die Dinge in seinen Taschen, die Kleidung, die er trug, und die Schuhe an seinen Füßen. Das war alles, und es genügte. ...