Mittwoch, 31. August 2022

92. Tag: 24. August 2022 Rifugio Alpetto - Rifugio Melezé

Bei Beginn der Dämmerung packt mein Zimmergenosse seine Siebensachen einschließlich seiner Maske ein und verschwindet gruß- und wortlos aus dem Zimmer. Bestens, brauche ich ihn keine Sekunde länger zu ertragen.
Mit dem ersten Büchsenlicht stehe ich wieder vor der Hütte. Jetzt zeigt sich der Monte Viso wolkenfrei in aller Pracht. Genauso packend ist jedoch der Sonnenaufgang über der Tiefebene. Zusammen mit einer Familie aus Holland genieße ich diesen herrlichen Tagesanbruch.
Das Frühstück hält leider das etwas mäßige Niveau des Abendessens; schade, mit einer besseren Verpflegung wäre das gemütliche kleine Rifugio Kandidat für einen der Top 10 der Übernachtungsplätze meiner Tour.
Die Hütte war im Übrigen die erste Alpenvereins- Unterkunft in den italienischen Alpen, 1866 erbaut; der aktuelle Bau ist von 1999.
Zunächst gilt es heute früh, die gestern verlorenen Höhenmeter wieder aufzusteigen. Hinter einem hübschen Wasserfall zweigt dann der direkte Weg zum Passo Gallarino ab. Ich möchte zügig dort oben sein, da so vielleicht noch einmal die Chance besteht, den Monte Rosa zu sehen. Der Monte Viso hat derweil schon wieder sein Wolken- Kleid angelegt. 
Mit flottem Schritt eile ich den einsamen taufeuchten Almboden hinauf; mit einem uralten Bryan Adams- Konzert auf dem Handy- Lautsprecher mache ich richtig Tempo.
Kurz halte ich dann jedoch inne: Hier, mitten auf den Geröllwiesen, sind kleine Frösche rechts und links des Weges. Wie können die auf über 2.400 Metern überleben, vor allem weil es hier keine Tümpel gibt?
Unmittelbar unter der letzten Geländekante vereinigt sich mein Weg wieder mit der 'Giro del Viso'- Autobahn, und ich bin im Nu von französischen Wandergruppen umgeben. Zusammen mit diesen geht es nun hinauf zur Passhöhe.
Oben angekommen suche ich den nördlichen Horizont nach dem Monte Rosa ab. Und tatsächlich: Da ist das Massiv des höchsten Schweizer Berges, leider liegt es ziemlich im Dunst und ist kaum erkennbar.
Richtung Süden - ebenso im Dunst und nur gerade so sichtbar - prägt die Cima Argentera den fernen Horizont. Ein weiterer Gänsehautmoment meiner Alpenwanderung: Von diesem Berg aus kann man bereits das Meer sehen.
Ein zweiter noch etwas höherer Pass ist unmittelbar danach noch ohne viel zusätzlichen Schweißausbruch zu überwinden, der Passo San Chiaffredo, dann beginnt der Abstieg tief hinunter ins Valle Varaita. Zunächst ist dieser noch recht hübsch an einem Meer von mühevoll aufgehäuften Steinskulpturen und einem Bergsee vorbei und gut zu gehen.
Dann wandelt sich der Charakter des Steiges von einem Meter auf den anderen: Große Steine und sehr grober Schotter liegen en masse auf dem Weg, dazu die ein oder andere Blockkletterei und dazwischen rutschige Passagen - dieser Weg erfordert über viele hundert Höhenmeter Konzentration bei jedem einzelnen Schritt und  Stockeinsatz. Bei jeder Kurve und jeder Kante hoffe ich vergeblich, dass sich die Wegbeschaffenheit ändert, und fluche mehr oder weniger laut über diese Katastrophe von Weg. Kaum ein Abstieg seit Wien war so eklig wie dieser.
Aber das Gute an den Bergen ist ja, dass man am Ende unten ankommt, in diesem Fall am Castello- Stausee. Außerdem zweigt irgendwann vorher der 'Giro del Viso' von der GTA aus in Richtung Rifugio Vallanta ab, was für eine deutliche Reduzierung der Mitwanderer sorgt.
Die GTA gönnt sich hier am See eine weitere mindestens einen halben Tag beanspruchende Extratour über einen Bergrücken, den man auch umgehen könnte. Vielleicht haben sich die Wegeplaner gedacht, dass wenn sich ein zusätzlicher Pass einbauen lässt dieser jedenfalls auch überschritten werden muss, selbst wenn sich der Aufstieg bequem vermeiden ließe. Oder dieser zusätzliche Aufstieg zum Colletto Battagliola soll der Huldigung der für das Piemont siegreichen Schlacht von 1744 im österreichischen Erbfolgekrieg dienen, die an diesen Hängen ausgefochten wurde, und dem Pass seinen Namen gab. Gleichwohl hat der interessierte GTA- Gänger im Bätzing- Führer gelesen, dass dieser Kampf nur ein Ablenkungsmanöver der Franzosen war, die kurz darauf im Sturatal die Linien der Piemonteser durchbrachen.
Sei es wie es sei, ich lasse diesen überflüssigen 800 Höhenmeter- Aufstieg aus und laufe statt dessen einen schönen Wald- und Wiesenweg abseits der Straße hinunter bis Casteldelfino. Hier gibt es einen Alimentari, in dem ich ein Stück Blechkuchen ein- und Schokolade nachkaufen kann. 100 Meter die Straße runter komplettiere ich das Shopping- Erlebnis mit einem Magnum- Eis und beginne auf einem schönen Wanderweg den Aufstieg ins Valle Bellino. 
Vor einer schönen Kapelle mit großem Vordach mache ich eine knappe Stunde später eine verspätete Mittagspause und esse den Kuchen.
Der Weg an Chiesa, Celle und Cialzale vorbei zieht sich, zum Glück kann ich an einigen Passagen von der Straße abweichen und auf Wanderwegen gehen. Zudem gibt es endlich wieder einmal verlässliches Netz, so dass ich lange mit Houston Mission Control telefonieren kann.
Das Rifugio Melezé liegt am Ende der Fahrstraße. Wieder erwische ich ein großes Zimmerlager, dass ich mir mit nur einem älteren Kollegen teilen muss. Im Gegensatz zum unsympathischen Typen im Rifugio Alpetto ist er zumindest ansatzweise kommunikativ, jedoch spricht er nur Italienisch, so dass die Verständigung überschaubar bleibt.
Mehr Kontakt habe ich mit drei Ehepaaren aus München und Beilngries, die wie vielen andere zwei Wochen auf der GTA unterwegs sind und morgen Halbzeit haben.
Beim Abendessen möchten mich die Wirtsleute direkt vor der Toilettentür platzieren. Ich ernte verständnislose Blicke, als ich um einen anderen Platz im halbleeren Gastraum bitte; da ich mich konsequent woanders hinsetze, wird mir schlussendlich nachgegeben.
Leider ist in der Hütte das WLAN kaputt, zumindest sehr dünnes Netz gibt es ein Stück vor dem Haus, so ist man nicht so abgeschnitten; Houston Mission Control  versucht, per Mail meine Übernachtung in Chialvetta klarzumachen; mit Ruhetag, da das Wetter am Wochenende wohl recht bescheiden werden soll.

Glück des Tages: Die Argentera am Horizont, von dort ist mein Ziel in Sicht. 

Gelaufen: 27,9 Kilometer
Bergauf: 1.143 Hm 
Bergab: 1.581 Hm  
Höchster Punkt: Passo San Chiaffredo (2.764m)
Übergänge: Passo Gallarino, Passo San Chiaffredo
Gipfel: keine 

91. Tag: 23. August 2022 Rifugio Giacoletti - Rifugio Alpetto

Der erste Blick geht aus dem Fenster: Der Nebel ist weg, blauer Himmel, und der Monte Viso steht strahlend in der Morgensonne. 
Das Frühstück ist leider erwartbar dürftig und schnell erledigt. Bereits jetzt bilden sich draußen die ersten Quellwolken. Ich breche daher so schnell wie möglich auf zum Hüttenberg Rocce Alte. Beim Aufstieg treffe ich auf eine Steinbockfamilie, die sich jedoch von mir nicht aus der Ruhe bringen lässt. 
Als ich den Gipfel erreiche ist fast alles wieder eingehüllt. Lediglich Richtung Walliser Alpen befindet sich noch ein Wolkenfenster, und ganz kurz gibt sich auch der Monte Viso noch einmal die Ehre.
Zurück am Rifugio führt nun ein guter Steig in vielen Kehren ordentlich bergab. Es ist bald wieder sonnig, die Wolken hängen weiter oben an den hohen Bergen. 
Beim für mich nicht relevanten Abzweig Richtung Po- Quelle und Pian del Re mache ich kurz Pause, und noch einmal zeigt sich der Gigant über mir, ein monumentales Bild.
Der Weg führt an zwei milchigen Bergseen vorbei und vereinigt sich irgendwann mit dem von Pian del Re zum Rifugio Sella führenden Hauptweg, auf dem auch der 'Giro del Viso' verläuft.
Ein kurzes Stück ist als steinschlaggefährdet gekennzeichnet, es passiert aber zum Glück nichts.
Danach ist Durchhaltewillen gefragt, denn Blockfelder und unangenehm viel Schotter auf dem Weg prägen die nächste Stunde. 
Aber irgendwann ist es geschafft: Ich stehe am Colle del Viso, vor mir liegt der Lago Grande di Viso und dahinter das Rifugio Sella, ganz kurz sogar beinahe sonnenbeschienen.
Diese Hütte ist legendär, startet man doch von hier aus auf den Monte Viso. Benannt ist die Hütte nach Quintino Sella, dem Gründer des italienischen Alpenvereins. Es ist mir eine Ehre, mich mit meiner Tour des Alpes ins Hüttenbuch dieses prominenten Stützpunktes einzutragen.
Ich mache hier auch eine Pause mit Kuchen und Cola; richtig gemütlich scheint die Hütte jedoch nicht zu sein. 
Beim Aufbruch hebt sich ein wenig der Nebelschleier, und es gelingt ein halbwegs passables Bild der Hütte.
Die GTA und der 'Giro del Viso'- Weg gehen nun exakt nach Süden weiter. Am Abzweig des Monte Viso- Steigs kommen mir vier abgekämpfte italienische Bergsteiger entgegen. Sie sind heute morgen um halb vier am höchsten Parkplatz losmarschiert, und kommen erst jetzt wieder herunter. Der Stolz und die Anstrengung steht ihnen in den Gesichtern. 
Der Monte Viso war für mich nie ein Ziel. Der Weg dort hinauf ist zwar technisch nicht übermäßig schwierig, trotzdem ist gutes bergsteigerisches Können in dünner Luft vonnöten, vor allem beim Abstieg, bei dem man viel Luft unter den Füßen hat und der ja oft im Nebel erfolgen muss. 
Auf meinem weiteren Weg erfreuen mehrere Bergseen das Auge. Während ich den ersten fotographiere, werde ich von hinten gefragt, ob ich Harry Potter höre; hier muss ich einflechten, dass ich beim Wandern seit vielen Wochen die von Rufus Beck gelesenen Hörbücher über den Handy- Lautsprecher höre und nun beim letzten Band angekommen bin. Es ist eine Schweizerin, die mich hier kurioserweise mitten unter Italienern und Franzosen auf Harry Potter anspricht; sie ist mit ihrer Freundin für zwei Wochen auf der GTA unterwegs. Die beiden haben heute ihre Tour begonnen.
Zum Rifugio Alpetto, das ein wenig abseits und unterhalb der Hauptroute liegt, muss ich ein gutes Stück absteigen, aber es lohnt sich: Die Hütte ist viel kleiner als das große Rifugio Sella und erweist sich als sehr gemütlich. 
Zudem ist das Rifugio nur mäßig belegt; ich erwische ein 6er Zimmer, das ich mir nur mit einem Kollegen teilen muss. Dieser erweist sich jedoch als absoluter Unsympat, er grüßt noch nicht einmal als ich die kleine Kammer betrete.
Beim Abendessen müsste ich mir mit diesem Menschen den Tisch teilen; das lehne ich dankend ab und frage die beiden mir schon bekannten Schweizerinnen von vorhin, ob ich mich bei ihnen dazusetzen könne. 
Als es draußen langsam dämmert gehe ich noch einmal vors Haus, vielleicht ist der Monte Viso ja schon wieder wolkenfrei. Dieser Plan klappt zwar nicht ganz, da der hohe Herr sich weiterhin bedeckt hält, jedoch ist das abendliche Bild der Hütte auch so sehr stimmungsvoll.
Als ich danach in die Schlafstube komme setzt mein Zimmergenosse noch einen drauf: Er liegt wortlos mit aufgezogener FSP2- Maske im Bett. Das ist zumindest sicher für mich, bleiben doch so seine misantropischen Bazillen bei ihm.

Glück des Tages: Immer wenn sich der Monte Viso zeigte.

Gelaufen: 10,5 Kilometer
Bergauf: 446 Hm 
Bergab:  931 Hm  
Höchster Punkt: Rocce Alte (2.837m)
Übergänge: keine
Gipfel: Rocce Alte 

90. Tag: 22. August 2022 Rifugio Jervis - Rifugio Giacoletti

Der Wandertag beginnt mit einem vergleichsweise reichen Frühstücksbuffet. Auf der halbvollen Hütte sind viel mehr Franzosen als Italiener, mit einem "Bonjour" hat man eine deutlich höhere Trefferquote als mit dem üblichen "Buon Giorno". Die Grenze ist sehr nah, und es führen attraktive Wege von und nach Frankreich, die sich gut zu längeren Touren kombinieren lassen. Am Giro del Viso- Fernwanderweg wird das bestimmt noch ausgeprägter sein.
Die GTA gönnt sich ab dem Rifugio Jervis einen Umweg in ein Seitental; dies kostet einen knappen Wandertag. Diesen werde ich mir sparen und eine direkte Route nach Süden nehmen, was zudem den Vorteil hat, wieder in etwas hochalpinere Bereiche vorstoßen zu können. Dass ich dadurch die Quelle des Po nicht sehen werde, kann ich gut verschmerzen.
Zunächst durchwandere ich heute die große Ebene des Conca del Prà, an deren Rand das Rifugio Jervis steht. Sie ist ein ehemaliger See, der durch die Erosion der umliegenden Berge verlandet ist. Schon in prähistorischen Zeit wurden auf dieser etwa vier Quadratkilometer großen Fläche Almen betrieben. Am Ende des Zweiten Weltkriegs warfen hier die Alliierten Nachschub für die Partisanen ab, günstigere Bedingungen waren dafür in den Bergen wohl kaum zu finden.
Das ist zum Glück lange her, ich laufe friedlich zwischen vielen Kühen hindurch und vom Schatten ins Licht, da die Sonne gerade über die Berge klettert. 
Irgendwann beginnt dann aber der Aufstieg, immerhin habe ich heute zwei Übergänge und eine hoch liegende Hütte vor mir. 
Am Wegesrand dann unvermittelt ein Mahnmal: Hier ist 1957 ein Flugzeug der US NAVY abgestützt, den neun Opfern wird hier gedacht mit einem Denkmal, in das auch Trümmerteile integriert sind.
Etwas weiter oben passiere ich das Rifugio Granero, an dem sich der Weg verzweigt; die Franzosen gehen an dieser Stelle wohl rechts und über den Col Sellière wieder in die Heimat zurück, ich gehe links, dem Colle Manzol und dem Monte Viso entgegen. Zunächst ist das Hochtal dorthin sanft ansteigend, unter der Passhöhe bäumt sich dann jedoch ein steiler Schutthang auf, in den jede Menge Serpentinen eingearbeitet sind.
Oben an der Passhöhe das leider übliche Bild: Ich bin in der Sonne aufgestiegen, von der anderen Seite wabern die Wolken herauf, die Sicht ist in diese Richtung von oben bis unten gleich Null.
Nach einer kurzen Pause steige ich in den Nebel ab. Dieser Steig ist brutal steil und wegen vieler in den Weg integrierten Felsstufen und Schrofen recht anspruchsvoll. Konzentriertes Gehen ist erforderlich, aber irgendwann bin ich unfallfrei unten angelangt. Beim Blick zurück kann man gar nicht erkennen, wo ich in dieser vertikalen Wüste abgestiegen bin.
Kaum am Fuß des Passes angekommen beginnt der nächste Aufstieg. Der Colle d'Armoine ist noch ein wenig höher als der Colle Manzol, jedoch leichter erreichbar, da der Weg nur eine bequem zu gehende Steigung ohne komplexere Stellen aufweist. Sehen kann man die Passhöhe im Nebel kaum; kurz bevor ich oben bin reißt es jedoch zumindest so weit auf, dass ich erkennen kann, dass ich gleich oben bin.
Hier oben steht der Monte Viso in aller Pracht gleich gegenüber; leider für mich unsichtbar. Aber zumindest die Aufstiegsseite ist jetzt nebelfrei, und ich kann noch einmal zurückschauen.
Aber dann, völlig unvermittelt, kommt doch mein Monte Viso- Moment: Auf einmal öffnet sich für Sekunden ein wenig der Wolkenschleier, und es ist zumindest erahnbar, was für ein Riesenberg da auf der anderen Talseite steht. 
Im Abstieg bin ich schnell wieder unter den Wolken, bessere Sicht macht alles ein wenig angenehmer, und treffe bald auf einen breiteren Querweg. Auf diesem verläuft der 'Giro del Viso'. War ich bis jetzt heute weitgehend alleine unterwegs, bin ich auf einmal mitten unter vielen zumeist französischen Wanderern, die einzeln, meist aber in Gruppen diesen populären Rundweg um den Monte Viso bevölkern. 
Zum Rifugio Giacoletti geht zum Glück bald ein schmaler Pfad ab, so dass ich diese Autobahn wieder verlassen kann.
Unter schroffen Felswänden wandere ich nun hindurch. Es ist, vor allem nach dem kurzen Monte Viso- Blick eben, unglaublich, wie schroff es hier ist.
Der Blick auf den heutigen Schlussanstieg lässt mich ersteinmal durchschnaufen. Es geht auf brillant trassiertem Steig eine gefühlt beinahe senkrechte Schuttrinne hinauf.
Über 300 steile Höhenmeter sind noch zu erarbeiten bis ich oben bin.
Dann ist es aber geschafft und ich stehe vor dem kleinen Rifugio. 
Anmeldung und Ausgabe des beim finalen Kraftakt langersehnten Kaltgetränks erfolgt durch das als Rezeption fungierende Küchenfenster. Ich werde freundlich vom jungen Hüttenwirt begrüßt, von innen hört man Eric Clapton - sehr sympathisch. Überhaupt, da greife ich den Gedanken von gestern wieder auf, ist die Musik auf den Hütten hier echt klasse.
Einen halben Steinwurf vor der Hütte äst derweil in aller Ruhe ein Steinbock, allein das ist schon sehenswert.
Mein Schlafplatz in diesem sehr einfachen Rifugio liegt auf einer Art Galerie über dem eigentlichen Schlafraum; hier liegen die Matrazen nebeneinander dicht an dicht, jedoch ist nicht alles belegt und es bleibt genügend Freiraum rechts und links.
Beim Abendessen sitzen wir recht eng auf schmalen Bänken an langen Tischen, auf die später Schüsseln gestellt werden. Ein wenig Konfusion tritt anfangs auf, weil es eine Sitzordnung gibt, die jedoch erst kurz vor dem Essen bekannt gegeben wird. Das führt dazu, dass obwohl bereits alle saßen, sich nun in einer Art Reise nach Jerusalem- Spiel jeder neu sortieren muss.
Ich sitze als alles neu geordnet ist mit Guido aus Genua sowie Alexandra und Giacomo aus Pinerolo zusammen, die ihren perfekt erzogenen Hund unter dem Tisch haben; er ist so unauffällig, dass man ihn nur bemerkt wenn man ihn versehentlich mit den Füßen anstößt. Alle drei können ganz gut Englisch, so dass wir uns unterhalten können.
Draußen herrscht weiterhin Nebel, der als es dunkel wird eine triste Novemberstimmung ausstrahlt. Aber so ist es im Sommer am Monte Viso: Er ist eine Wolkenfabrik.

Glück des Tages: Der kurze Moment, als der Monte Viso zeigte, dass er noch da ist.

Gelaufen: 19,2 Kilometer
Bergauf: 1.607 Hm 
Bergab: 631 Hm  
Höchster Punkt: Rifugio Giacoletti (2.741)
Übergänge: Colle Manzol, Colle Armoine
Gipfel: keine 

Ausrüstung

" Ihm gehörten die Dinge in seinen Taschen, die Kleidung, die er trug, und die Schuhe an seinen Füßen. Das war alles, und es genügte. ...