Sonntag, 14. August 2022

74. Tag: 06. August 2022 Talosio - Locana

Für heute sagt der Alpen- Wetterbericht aus Innsbruck ab Nachmittag wieder Schauer und Gewitter voraus, und morgen soll es noch schlechter werden. Keine guten Voraussetzungen für den nun eigentlich anstehenden Gang von Talosio über zwei Pässe nach San Lorenzo, eine der Königsetappen der GTA. Meine Posto Tappa- Kolleginnen werden diese Etappe notgedrungen per Bus erledigen, ich habe mir eine Alternative zur GTA ausgetüftelt: Diese wird mich heute über einen niedrigeren Kamm und damit kaum wetterexponiert nach Locana bringen. Dort habe ich für morgen einen Ruhetag eingeplant und eine Ferienwohnung gebucht, bevor ich dann nach Noasca weiterwandere. 

Ich habe in diesem Posto Tappa- Dreckloch dank des Schlafsacks ganz gut geschlafen. Meine Schuhe sind auch wieder trocken, das hätte schlimmer kommen können.

Das Frühstück im "The Wolf" ist wider Erwarten ziemlich ordentlich; vor allem gibt es Joghurt und Obst sowie ein großes Stück Käse. Trotzdem weine ich Talosio keine Träne nach, als ich entlang der talwärts führenden Straße aufbreche.

Einige Serpentinen kürzt ein Fußweg ab, aber auch die Asphaltwanderung bis nach Ribordone ist recht kurzweilig.
Das Dorf ist der Hauptort des Tales mit Kirche und Rathaus, wirkt jedoch kaum halb so groß wie Talosio.Hier beginnt der "Sentiero Sparone - Ribordone", von dem aus irgendwann der Steig in Richtung Locana abzweigt. Der Wanderweg führt zunächst ersteinmal gegenüber des Rathauses über eine eindrucksvolle römische Brücke und dann direkt in den Wald.
Der Weg ist hervorragend markiert und gut zu finden, jedoch sorgen Windwurfschäden für einige Kletter- oder Limbo- Übungen, wenn nicht sogar für Umwege in den Berghang.Trotzdem macht dieser rustikale Waldsteig richtig Spaß.
An der Passhöhe, dem Passo di Bertassa, auch Col di Pertia genannt, mache ich im Halbschatten eine längere Pause und genieße es in vollen Zügen, heute mal nicht tausend plus x Höhenmeter hochsteigen zu müssen. Der Abstieg beginnt mit einem schönen Blick auf die Berge jenseits des tief eingeschnittenen Orco-Tal, das den Gran Paradiso nach Süden hin entwässert.Der Weg hinab in dieses Tal ist etwas anspruchsvoller als der Aufstieg: Es sind etliche Passagen zugewachsen, so dass ich entweder vorsichtig einen Weg durch den Dschungel suche oder bei Brombeerverhauen gleich einen Umweg mache. Gleichwohl ist die Markierung auch hier exzellent, und Spaß macht es weiterhin.
Der ganze Hang war früher eine Kulturlandschaft mit Dörfern und Gehöften, Wege und Felder waren durch Mauern abgestützt. Heute stehen hier nur noch Ruinen im Wald, die Zeugnis ablegen von einstiger Blüte.
Der Richtung Locana abzweigende Pfad ist zwar in meinen OSM-Karten eingezeichnet, in natura jedoch nicht zu finden. Also muss ich meine Pläne modifizieren und bis Sparone auf dem "Sentiero" bleiben, leider ein gehöriger Umweg. In der Ferne ist der erste Donner zu hören, das sorgt mich so weit unten und mitten im Wald jedoch nicht; viel wichtiger ist, dass der Regen bis auf ein paar Tropfen aus- und so der felsige Weg trocken bleibt.Bis fast ganz hinunter begleiten mich die verlassenen Bauten. An einer Ruine steht der Brombeer- Urwald so günstig, dass sich dicke schwarze Beeren vom Wanderweg aus pflücken lassen; hier ernte ich alle erreichbaren reifen Früchte ab, eine willkommene, leckere und gesunde Ergänzung des Speiseplans.
Endlich unten in Sparone angekommen liege ich meilenweit ab vom geplanten Kurs, zu Fuß schaffe ich es heute nicht mehr nach Locana. Zum Glück kommt recht bald ein Bus, und nach kaum 10 Minuten habe ich Locana erreicht. Laut Google Maps wird hier die Lebensmittelversorgung durch ein winziges Alimentari sichergestellt; mit dem Bus kam ich jedoch an einem kleinen SPAR- Markt vorbei, von dem Google erstaunlicherweise nichts weiß. Hier kaufe ich Spaghetti, Pesto und Bier für das Abendessen sowie dies und das für den Ruhetag, muss den Einkauf aber dann zusätzlich zum Rucksack noch bis zur Ferienwohnung tragen. Diese liegt im Ortsteil Roncore Superiore, drei Kilometer die Talstraße hinauf.Diese ist klein aber ok, viel Auswahl gab es sowieso nicht. Sie hat einen winzigen Balkon über einer schmalen Gasse und als Sonderbonus eine Waschmaschine. Nachdem mir die Nachbarin von unten auf telefonische Vermittlung der Vermieterin ein wenig Waschmittel zur Verfügung gestellt hat, kommen meine Klamotten zum ersten Mal seit Eisenerz wieder in den Genuss einer Maschinenwäsche.

Glück des Tages: Heute keine Handwäsche, und morgen richtig saubere Kleidung.

Gelaufen: 18,7 Kilometer
Bergauf: 531 Hm
Bergab:  1.087 Hm 
Höchster Punkt: Passo di Bertassa/ Col di Pertia (1.404m)
Übergänge: Passo di Bertassa/ Col di Pertia
Gipfel:  keine

Ausrüstung

" Ihm gehörten die Dinge in seinen Taschen, die Kleidung, die er trug, und die Schuhe an seinen Füßen. Das war alles, und es genügte. ...