Dienstag, 14. Juni 2022

19. Tag: 12. Juni 2022 Naturfreundehaus Klippitztörl - Wolfsberger Hütte

Auf die Überschreitung der nun bevorstehenden Saualpe habe ich mich schon lange gefreut: Vor annähernd 40 Jahren war ich im Zuge einer Familienfreizeit mit meinen Eltern im nahegelegenen St. Georgen am Längsee im Urlaub. Leider war damals das Wetter recht durchwachsen, nur an einem Tag konnte man den Höhenzug der Saualpe deutlich sehen. Ich durfte mich damals als vielleicht 14jähriger einer Gruppe von Bergfexen anschließen, die spontan am Nachmittag dort zur Saualpe hinaufstiegen. Mehr als ein oder zwei Fotos dieser Bergwanderung in der herbstlichen Abenddämmerung habe ich zwar nicht mehr in Erinnerung, aber der "Geist" dieser spontanen Aktion ist haften geblieben.
Der gestern erwanderte phantastische Höhenweg, man könnte auch sagen die XXL- Almwanderung, wird sich heute fortsetzen. Zum Glück stehen nach dem Höllenritt gestern nur viereinhalb Wanderstunden bis zur Wolfsberger Hütte auf dem Programm, und die Sonne hat sich auch angesagt. So habe ich fest vor, es heute langsam und gemächlich anzugehen und den gestressten Körper dadurch ein wenig Ruhe zukommen zu lassen; kurz: Ich werde für diese Halbtagestour den ganzen Tag brauchen und soweit möglich versuchen, nicht zu schwitzen.
Nach dem Frühstück und dem Rucksack- Packen telefoniere ich ersteinmal mit daheim. Meine Lieben sitzen beim Sonntagsfrühstück, und es tut gut, ihre Gesichter zu sehen. Dann starte ich in den Tag.
Auf dem Parkplatz an der Klippitztörl- Passhöhe ist bei diesem herrlichen Wetter schon mächtig Betrieb. Wanderer packen ihre Sachen, Motorradfahrer machen Pause nach den Kurven der Bergfahrt, übrigens überwiegend Männer, denn heute ist in Österreich Vatertag.
Am Parkplatz beginnt die familienfreundlich kurze Geierkogel- Rundtour, diese ist an diesem Sonntag ordentlich frequentiert, und ich bin nach den vielen Tagen des einsamen Spazierens fast irritiert, so viele Mitwanderer zu erleben.
Am Gipfelkreuz des Geierkogels ist dann genauso viel los, für ein Foto muss man fast Nummern ziehen.
Blieb mir gestern die Rückschau auf die Rax von den Wolken verwehrt, kann man von hier aus zumindest bis zum Hochschwab zurückschauen. Später, vom höchsten Punkt der Tour auf der Ladinger Spitz, wird die Peakfinder-App sogar den mittlerweile zwei Wochen zurückliegenden Schneeberg als Bestandteil des Panoramas anzeigen, dafür ist es dann aber leider doch zu dunstig.
Die Frequentierung des Weges ändert sich schlagartig, als einen guten Kilometer nach dem Gipfel die Rundtour abzweigt und zum Parkplatz zurückführt. Nun bin ich von jetzt auf gleich wieder der gewohnt einsame Wanderer; neun Wanderer werde ich für den Rest des langen Tages noch sehen.
Wie gestern geht es über weite Almflächen auf dem Kamm des Gebirgszuges.Nur ist das Panorama deutlich besser: Vor allem das bestechend weiße Gletscherdreieck der fernen Hochalmspitze und die noch von viel Schnee geprägten Gipfel der Schladminger Tauern begeistern mich. In der anderen, südlichen Richtung überragen die Zacken der Steiner Alpen und vor allem der Triglav, höchster Berg Sloweniens, die Szenerie, rechts daneben der Dobratsch, Hausberg von Villach, und die ersten Berge des Karnischen Hauptkamms, meine "Spielwiese" der übernächsten Woche; in der Ebene sind der besagte Längsee, Teile von Ossiacher und Wörthersee und die Stauseen der Drau zu erkennen, und im Osten jenseits des Lavanttals die Koralpe und der Große Speikkogel mit seinen wuchtigen Radarkuppeln. Kurzum: Ein Wahnsinnsausblick, und das den ganzen Tourentag lang.
Stunden trödle ich genießend über die Wiesen der Hochfläche, bis ich schließlich am Gipfelkreuz der Ladinger Spitz den höchsten Punkt der Saualpe erreicht habe. Wobei der Namensteil "Spitz" eine schamlose Übertreibung ist, denn der Berg ist wie alle anderen ringsum ein ganz flacher Buckel. Nur halt der höchste.
Hier ist trotz des Windes, der heute weniger stark bläst wie in den letzten Tagen, eine Pause Pflicht, die ich mir mit einer RITTER SPORT Marzipan versüße.
Vom Gipfel an geht es bergab  wie gehabt entlang des Kamms über schier endlose Almwiesen.  
Die Wolfsberger Hütte ist bald zu sehen; sie liegt sehr fotogen über dem Lavanttal. Hier werde ich von Brigitte, der Hüttenwirtin, schon erwartet, denn ich bin wieder einmal der einzige Gast und kann mich im Lager ausbreiten. 
Die Sonne scheint aus nun fast wolkenlosem Himmel, so kann ich noch bis zum Sonnenuntergang draußen vor der Hütte sitzen und sogar üppig und lecker zu Abend essen.
Spät am Abend zeigt sich der Vollmond in ganzer Pracht über der Hütte und den Lichtern tief unten im Lavanttal. Zusammen mit Brigitte und ihrem Mann Hans stehe ich noch eine ganze Weile draußen in der stimmungsvollen Kälte. Welches Privileg, von allem so weit entfernt sein zu können, ob für länger oder nicht ganz so lang. Wir philosophieren über Nachrichten. Die beiden meinen, Nachrichten bedeutet, es wird nachher Gericht gehalten, und sind wie ich auch zu dem persönlichen Fazit gekommen, dass von allen News Abstinenz zu halten der Lebensqualität sehr zuträglich ist.

Glück des Tages: Die Abendsonne vor der Wolfsberger Hütte

Gelaufen: 15,5 Kilometer 
Bergauf: 723 Hm
Bergab: 522 Hm
Höchster Punkt: Ladinger Spitz (2.079m)
Übergänge: Klippitztörl 
Gipfel: Geierkogel, Ladinger Spitz

Ausrüstung

" Ihm gehörten die Dinge in seinen Taschen, die Kleidung, die er trug, und die Schuhe an seinen Füßen. Das war alles, und es genügte. ...