Heute soll es zum ersten Mal über den Alpenhauptkamm gehen; somit verlasse ich nach zwei Wochen den Nordalpenweg.
Um dreiviertel 9 habe ich im Eisenerzer Hof ausgecheckt und verlasse bei bedecktem Himmel Eisenerz. Das Städtchen ist mir in den letzten 2 Tagen fast vertraut geworden.
Der 01er führt aus der Altstadt heraus direkt hoch zum Schichtturm von 1581, der früher für die Bergmänner die Schicht läutete. Hier bietet sich noch einmal ein schöner Blick auf die Stadt bis hinunter zum Bahnhof, wo heute morgen zwei Erzzüge stehen.
Unterhalb des Erzbergs und einiger Verarbeitungsanlagen lasse ich Eisenerz endgültig hinter mir auf einem Weg mit vielen Infotafeln über historische und die heute zu sehenden Gebäude. In Eisenerz fand früher auch die Verhüttung des Erzes statt, eine Industriestadt mitten in den Bergen.
Auf dem Berg fahren derweil Kipplaster in der Größe von Zweifamilienhäusern herum, so wie man sie in den Minen in Brasilien oder Australien erwarten würde.
Nach fast vier Kilometern steigungsreicher Talstraße, aufgelockert nur durch die Querung der Trasse der stillgelegten Eisenbahn- Steilstrecke nach Präbichl, erreiche ich die Eisenerzer Ramsau. Hier ist ein Leistungszentrum für Nordische Skiathleten. Das zeigt sich vor allem an den Skisprungschanzen, auf denen gerade das Training läuft, ein Springer nach dem anderen fliegt über den Schanzentisch.
An einer rechtwinkligen Abzweigung verlasse ich den 01er, der Nordalpenweg hat mich seit Wien bis hierhin geleitet.
Er zieht weiter geradeaus - an dieser Stelle jedoch ohne eigene Markierung - Richtung Gesäuse und Bodensee, während ich nun links Richtung Alpenhauptkamm abbiege. Der Übergang ist hoch oben schon zu erahnen.
Es geht für mich nun zunächst eine Forststraße empor, dann an einem Regenrückhaltebecken weiter auf einem sehr schönen kleinen Steig empor. Zum Teil durch dichten Wald, zum Teil aber auch mit Aussicht macht dieser Pfad richtig Spaß.
An den Hütten der Teichenegg Alm auf 1.600 Metern ist der meiste Anstieg heute geschafft. Hier raucht der Schornstein, der Ausschank ist jedoch zu.
Jenseits des Ramsauer Tals haben sich dunkle Wolken aufgebaut, die die dortigen Gipfel verhüllen. Einmal meine ich, einen Donner gehört zu haben; dies kann jedoch auch eine Sprengung am Erzberg gewesen sein.
Bis zum Kamm sind es nur noch wenige Meter, endlich steht auch "Kalwang" auf dem Wanderschild. Allzu populär scheint der Übergang nicht zu sein.
Dann bin ich oben und schaue hinab ins nächste Tal. Leider erscheint mir das Wetter nicht stabil genug für eine Rast, eine Sitzmöglichkeit gäbe es ohnehin nicht, also beginne ich nach kurzem Aufenthalt mit dem Abstieg Richtung Kalwang. Die Gipfel rechts und links sind nun auch verhüllt, kein richtig gutes Zeichen, obwohl doch der Wetterbericht ab Mittag Auflockerungen avisiert hatte.
Zunächst ist eine Fläche mit niedrigem Beerengestrüpp zu passieren, dann eine Bergwiese, auf der mich vier Murmeltiere interessiert beobachten.
Die nächsten 200 Höhenmeter bergab wandere ich durch einen großen frischen Holzschlag, die Spuren der Holzfällungsarbeiten sind noch gut zu sehen, der Wanderweg blieb jedoch unbehelligt und ist trotz der Verwüstung des Hanges gut zu gehen.
Später treffe ich dann auf die Forststraße, die das Tal erschließt und der ich nun zwei entspannte aber ereignisfreie Stunden talauswärts bis nach Kalwang folge.
Irgendwann lässt sich dann auch die Sonne blicken.
In Kalwang, meinem eigentlichen Etappenendpunkt, ist es noch recht früh, zudem erscheinen die Möglichkeiten, hier den Rest des Nachmittags sinnvoll zu verbringen, überschaubar. Also entschließe ich mich, den ersten Teil der morgigen Etappe vorzuziehen und noch bis nach Mautern weiterzugehen. Nach Kalwang zurück, hier habe ich ja ein Zimmer reserviert, gibt es eine gute Busverbindung.
Der Weg im weiten Talgrund führt auf einem kleinen Asphaltsträßchen weitgehend durch Wiesen und ist trotz der oft in Sichtweite parallel verlaufenden Schoberpass- Autobahn recht ruhig.
Nach einer guten Stunde ist Mautern erreicht. Es wirkt etwas "städtischer" als das dörfliche Kalwang. Viel Zeit für Exkursionen bleibt jedoch nicht, denn der Bus kommt pünktlich angefahren. Beim Einsteigen und Bezahlen erklärt mir der Busfahrer, dass die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln in Österreich "ausgesetzt" sei. Das macht die Busfahrt noch entspannter.
Zurück in Kalwang betrete ich nun meinen Gasthof - der "Pfälzer Hof".Hier ist heute Ruhetag, deswegen komme ich nur über den Hof rein. Es ist ein rustikaler kleiner Gasthof, sehr herzlich geführt von einem älteren Ehepaar. Der Besitzer zeigt mir mein kleines Zimmer im ersten Stock, sehr ruhig nach hinten raus gelegen, und meint, das es etwas zu essen gäbe, wenn die "Chefin" wieder da ist.
Nach der Dusche setze ich mich in den Hof, noch ist es warm, und trinke ein Feierabendbier. Gegen halb acht ist auch seine Frau wieder im Haus und brät mir zwei große Schnitzel mit Kartoffeln, und das am Ruhetag.
Bald ist es zu kalt zum draußen sitzen, so trinke ich das zweite Bier in der Schankstube.
Gegen dreiviertel 10 gehen wir dann alle zu Bett.
Glück des Tages: Abendessen trotz Ruhetag
Gelaufen: 27,7 Kilometer
Bergauf: 1.049 Hm
Bergab: 1.029 Hm
Höchster Punkt: Teichenegg (1.691m)
Übergänge: Teichenegg